17. Oktober 2006

Thema der Woche: Die "Unterschichten-Debatte"

Während die Politiker sich überbieten in der Erfindung beschönigender Bezeichnungen für die "Unterschichten", bekommt kein einziger Arbeitsloser einen neuen Job, "weil man sich ein hübsches Synonym für seine verkorkste Existenz ausdenkt."

Claus Christian Malzahn: "Oben Heuschrecke, untenrum nix"
Spiegel Online 17. Oktober 2006
Spiegel-Debatte

13. Oktober 2006

Erinnerung an Klaus Renft (1942 - 2006)

Am 9. Oktober 2006 ist Klaus Jentzsch, bekannt unter dem Namen Klaus Renft, im Alter von 64 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben. Wir waren fast gleichaltrig, waren beide in den 60er und 70er Jahren aktiv als Musiker, sind uns aber nur einmal direkt über den Weg gelaufen, bevor die legendäre "Klaus Renft Combo" 1975 verboten wurde.

Ich spielte während meines Studiums als Trompeter und Arrangeur in verschiedenen Bands in Weimar - in Reiner Schöne´s legendärer "Old time Jazz Band", in der Dixielandband der HAB und später in der "bs-combo weimar". Mit dieser wurden wir 1972 als augezeichnete Jugend-Band des Bezirkes Erfurt neben "blues-vital" aus Gotha nach Frankfurt/Oder zur FDJ-Werkstattwoche "Jugendtanzmusik" (21.-28.10.1972) delegiert. Neben einem Wettbewerb zwischen den beteiligten Bands lief ein Beispielprogramm von Berufsformationen, die uns Anregungen vermitteln und Maßstäbe setzen sollten. Jeden Abend spielte eine andere Band, die damals in der DDR Furore machte, u.a. die Gruppe "Wir", "Panta Rhei", Uve Schikora und seine Gruppe, die "Elektras" und natürlich: die "Klaus Renft Combo". Nach den Konzerten wurden unter den Musikern eigene Texte und Kompositionen diskutiert und die Technik der Profis unter die Lupe genommen. Zu dieser Zeit waren Verstärkeranlagen und Mikrofone nur auf dem Schwarzmarkt oder über gute Freunde aufzutreiben - und das zu gepfefferten Preisen. Der "Nachbau" grassierte gewaltig; vor allem die Gitarristen waren wahre Meister im Zusammenbau und Löten ihrer Anlagen. Wir Bläser mußten bei unseren Auftritten oft mit der Saalanlage vorliebnehmen, die in der Regel gerade für die Verstärkung von Feiertagsreden ausreichte.

Von diesem Workshop, der damals noch "Werkstatt" hieß, fuhren wir mit einem Diplom nach Hause; ich bekam noch einen Preis für einen eigenen Liedtext: "Ich bin immer für dich da" und "blues-vital" war einer der Spitzenpreisträger. Ein gemeinsames Abschlußkonzert aller Amateur- und Profi-Bands am Schlußtag in der wunderschönen Frankfurter Konzerthalle "C. Ph. E. Bach" blieb unvergeßlich ebenso wie meine Aushilfe bei der Berliner Gruppe "Express", deren Trompeter ausgerechnet beim Wettbewerbsauftritt nicht einsatzfähig war.

Links:
Klaus Renft
Nachruf mdr figaro

12. Oktober 2006

Ausstellung Camille Claudel

Die Bildhauerin Camille Claudel wird gemeinhin nur in Verbindung mit Auguste Rodin genannt - als Schülerin, Mitarbeiterin, Modell, Muse und schließlich heimliche Geliebte Rodins. Jetzt wird die erste und bisher einzige werkneutrale Retrospektive ihres Werkes in Deutschland gezeigt - im Kunsthaus Apolda Avantgarde, Bahnhofstr. 42, D-99510 Apolda. Die Ausstellung zeigt Werke aus dem gesamten Schaffensbereich der Künstlerin, die nach anfänglichen großen Erfolgen als erste Bildhauerin Europas zeitlebens im Schatten Rodins stand. Bereits 1990 gab es eine Ausstellung mit 20 Skulpturen und 8 Zeichnungen in Hamburg anläßlich des Festivals der Frauen, aber unter der Fahne der Frauenkunst. Hier in Apolda werden ihre Plastiken, ergänzt von Skizzen und Zeichnungen, großformatigen Fotos der Künstlerin gegenübergestellt und so ihr Oeuvre als künstlerisch vollendet gewürdigt.

"Das Spannungsfeld ihres quantitativ begrenzten, aber qualitativ hochkarätigen Oeuvres reicht von personifizierten Gefühlen von Angst, Verzweiflung und trügerischer Hoffnung auf Befreiung und Glück bis hin zu Zeugnissen von Momenten tief empfundener Glückseligkeit und fast sorgloser Heiterkeit. Die klaren Linien, gepaart mit rhythmischer Dynamik und sensibler Lichtregie, verleihen ihren Figuren eine ungewöhnlich intensive Lebendigkeit, die das jeweilige Material, das die "erste Schöpferin von Kunst des Innenraums" (Paul Claudel 1905) behutsam, aber mit Wirkintention gestaltete, vergessen lassen."

Dr. Hans Dieter-Mück, Kurator der Ausstellung und Verfasser des ausführlichen Katalogs.

Ausstellung vom 10. September bis 26. Dezember 2006 mit interessantem Begleitprogramm:
23.10.2006 Vortrag Dr. Ulrike Müller: "geliebt, verraten, verkauft"
13.11.2006 Dia-Vortrag Eva-Gesine Wegner: "Auf den Spuren von Camille Claudel"
08.12.2006 Theaterstück "Camille Claudel. Bildhauerin"
18.12.2006 Vortrag Prof. Dr. Heidi Richter: "Die Frau in der Kunst - eine abschließende Betrachtung zu Camille Claudel".

Für mich waren beim Besuch der Ausstellung am 19. September (Führung) und 1. Oktober mit guten Freunden besonders beeindruckend die Büste "Die alte Helene" 1882 und die vier Versionen von "Der Walzer" 1905, Skulpturen voller Sinnlichkeit, welche die Tanzenden in sich versunken und dem Rausch des Tanzes hingegeben zeigen.

Interessante Links:
Camille Claudel
Rodin-Claudel
Kunsthaus Apolda

2. Oktober 2006

"Phantastische Welten"
Collage Peter Rost ca. 1970

Collage (3)

"... Bei der Montage braucht man bekanntlich nicht mehr jedes Detail selber zu zeichnen, bedient sich vielmehr bedeutungsvoller Ausschnitte, die man so lange ausprobierend koppelt, bis sich inhaltlich, vor allem aber strukturell, neue, reizvolle Einheiten ergeben. Dies ist nicht so ganz leicht, wie es aussieht, weil es Phantasie und künstlerische Kontrollfähigkeit voraussetzt. Es müssen sich hierbei Fragmentierfreudigkeit, Koppelungsinstinkt und Gegenstandsphantastik vereinen. ... Die Arbeiten selber verliefen spielend, instinktiv, schnell und ohne jeden denkerischen Anstoß."

Franz Roh: Anti-Monumentales. Warum ich montierte (1954)
in: Das Kunstwerk 8. Jg. 1954/55 Heft 6 S. 50

Franz Roh (1890 - 1965) wurde 1890 in Apolda als Sohn einer bedeutenden Apoldaer Fabrikantenfamilie geboren. Als einer der führenden Theoretiker der Kunst der "Neuen Sachlichkeit" prägte er dafür den Begriff "Magischer Realismus". Er bestimmte als freischaffender Kunstkritiker wesentlich die Kunstkritik des 20. Jahrhunderts mit.

Ausstellung im Kunsthaus APOLDA Avantgarde 16.01. bis 12.03.2000
Katalogbuch zur Ausstellung "Eine Hommage für Franz Roh" von
Kurator Hans-Dieter Mück

29. September 2006

"Jeder bekommt seine Kindheit über den Kopf gestülpt wie einen Eimer. Später erst zeigt sich, was darin war. Aber ein ganzes Leben lang rinnt das an uns herunter, da mag einer die Kleider oder auch Kostüme wechseln wie er will."

Heimito von Doderer
"Ein Mord den jeder begeht."

28. September 2006

Collage (2)
Bereits während meines Studiums begann ich mit der Gestaltung von Collagen. Der Umgang mit Schere und Papier hatte mich schon als Kind fasziniert. Außer dem Gestaltungswillen dienten die Stunden am Zeichentisch oft dem beruhigenden Ausgleich und der Therapie nach Stress und Belastung durch Arbeit und Umfeld. Nach der Wende entstanden nur wenige Bildobjekte, da vorerst andere Prioritäten bestanden.


"Tele tet" Collage Peter Rost
ca. 60er Jahre

26. September 2006

Collage (1)
"Das Wort "Collage", abgeleitet aus dem griech. "Kollau", bezeichnet eigentlich das am wenigsten wichtige Charakteristikum, nämlich das technische Bindemittel, den Leim und die technische Handhabung, das Kleben. Entscheidendes Kennzeichen für das Phänomen Collage ist dagegen das künstlerische Vorgehen. Dieses Vorgehen beruht auf Verwandlung bereits vorhandener Materialien - Stoffstrukturen, Bilder und Bildzeichen, nicht nur, indem Verschiedenartiges zueinander in neue Beziehung gesetzt wird, sondern auch, indem bisher unerkannte, verdeckte und unentdeckte Beziehungen zwischen verschiedenen Motiven, Inhalten und deren Formen überraschend aufgedeckt werden. Das Medium der bildnerischen Verwandlung, das die Wirkung der Collage bestimmt, ist daher nicht logische Deduktion, sondern die Herstellung bildhafter Analogien durch Verbindung von Gestaltformen und Themen unterschiedlicher Herkunft und heterogenen Ursprungs. Die Konvergenz des Divergenten fügt sich im Bild zum Ganzen, das, auf einen Blick überschaubar, die unvertrauten Züge in der vertrauten Physiognomie unserer Umwelt bloßlegt."

Heinz Ohff: Hannah Höch
Berlin 1968

25. September 2006

Willkommen !
Heute starte ich mit "Post aus Weimar". Das bedeutet allerdings, daß ich aus Weimar schreibe, nicht aber über Weimar (oder nicht nur).