Ausstellung "Hannah Höch - Aller Anfang ist DADA"
Einer der bedeutendsten deutschen Künstlerinnen der klassischen Moderne, der in Gotha geborenen Hannah Höch (1889 - 1978), ist die Ausstellung "Hannah Höch - Aller Anfang ist DaDa!" (vom 6. April bis 2. Juli 2007) gewidmet. Gerade noch rechtzeitig vor Schließung der Ausstellung konnten wir (die Familie) die großartige Schau mit ca. 160 Arbeiten aus allen Werkperioden, aber vorrangig aus der dadaistischen Phase und der Zeit nach 1922 erleben. Für meine eigenen Versuche auf dem Gebiet der Collage sind Hannah Höch und Kurt Schwitters die entscheidenden Vorbilder und Anreger - und so war ich sehr gespannt auf die Ausstellung.
Nach dem Tod der Künstlerin konnte die 1975 gegründete Berlinische Galerie ihr umfangreiches Archiv erwerben - es enthält neben den Kunstwerken biografisches Material, die Korrespondenz der Malerin sowie Manuskripte, Bücher und Fotografien, Vorlagenalben und sonstige von ihr gesammelte und aufbewahrte Untrelagen aller Art. Das Archiv wird in einer mehrbändigen Edition "Hannah Höch. Eine Lebenscollage" veröffentlicht. Die ersten beiden Ausgaben umfassen die Jahre 1889 - 1920 und 1921 - 1945 und befinden sich bereits in meiner Bibliothek.
Einige Aspekte haben mich besonders berührt:
Kubus 1926
Erstens die gezeigten großformatigen Ölbilder. Bisher habe ich die größeren Bildwerke weniger beachtet - Hannah Höch thematisiert die in den 20er Jahren aktuellen Beziehungsprobleme zwischen Mann und Frau sowie Rollenerwartungen und Geschlechterstereotype und ihre Collagen bedeuteten mir rein formal mehr. In dieser Ausstellung werden aber aus der Collage kommende surrealistische und nur ästhetischen Maßstäben verpflichtende Darstellungen mit rein abstrakten Kompositionen gezeigt, die mich tief berühren und einen ganz neuen Blick auf die künstlerische Qualität dieser ermöglichen. Mit dem abstrakten Expressionismus dieser Bilder ist sie voll auf der Höhe der Zeit.
Zweitens: Hannah Höch hat oft farbige Motive aus Illustrierten und Katalogen als Ausgangsmaterial für ihre Collagen genutzt. In der Vorkriegszeit sind diese Farbdrucke aus der Warenwelt noch vergleichsweise wenig farbintensiv und oft verschwommen. Dazu kommt die natürliche Alterung der verwendeten Papiere, sodass eine milde Patina auf den Collagen aus dieser Zeit liegt. Ebenso geht es mir - ältere Bildwerke aus den 60er und 70er Jahren sind schon etwas verblichen und expressive Farben gemildert. Dabei gewinnen die Papierbilder; ich habe sogar schon vergilbte Papiere für meine Collagen verwendet, um diesen Effekt zu erzielen. Collagen aus Papieren heutiger Hochglanzillustrierten zeigen zu farbige, glänzende und scharfgezeichnete Darstellungen, die eine ganz andere Collagetechnik und -aussage voraussetzen. Sie kommen vor allem bildhaften, erzählerischen Motiven entgegen, bei rein abstrakten Gestaltungen sind sie mit Vorsicht zu verwenden.
Die Ausstellung zeigt zwei DaDa-Puppen der Hannah Höch; Puppen sind bei vielen Künstlern eigene Werkgruppen, die vielleicht nicht den Anspruch großer Kunstwerke erheben, aber doch die künstlerische und gesellschaftliche Entwicklung dieser Jahre spiegeln. Ich denke da an Paul Klee, der zwischen 1916 und 1925 für seinen Sohn Felix rund 50 Handspielpuppen fertigte oder an Pablo Picasso, der in den 50er Jahren mit den Puppen für seine Tochter Paloma wahre Meisterwerke schuf. Puppen waren auch oft Gegenstand der künstlerischen Auseinandersetzung, so wie bei den Weimarer Malern Alexander von Szpringer (1889 - 1969) und Otto Herbig (1889 - 1971). Diesem Thema - Künstler und Puppen - sollte man einmal nachgehen.
Diese Ausstellung hat wieder Lust auf Arbeit geweckt, seit den 80er Jahren habe ich wenige Collagen gefertigt und einige Motive liegen noch unvollendet im Schrank. Seit der Wende hatten andere Dinge Priorität, aber nun zeichnet sich langsam wieder Zeit und Gelegenheit ab. Für diese umfassende Werkschau der Hannah Höch bin ich sehr dankbar.
28. Juni 2007
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